Die Welt wird mobiler – und mit ihr die Menschen. Immer mehr Deutsche wagen den Schritt ins Ausland, sei es für den Beruf, das Studium oder die persönliche Lebensveränderung. Umgekehrt kehren jedes Jahr viele nach Deutschland zurück. Doch bei aller Freiheit und Globalisierung bleibt ein Thema oft komplex und unterschätzt: die internationale Besteuerung.
Was bedeutet es steuerlich, Deutschland zu verlassen? Wann endet die Steuerpflicht? Und worauf müssen Rückkehrer achten? Dieser Beitrag bietet eine kompakte, praxisnahe Orientierung für Auswanderer, Expats und Rückkehrer – ohne rechtlich bindende Aussagen, aber mit klarem Blick auf steuerliche Fallstricke.
1. Wann bin ich in Deutschland steuerpflichtig – und wann nicht?
Die wichtigste Grundlage für alle weiteren Überlegungen ist die Frage nach der unbeschränkten Steuerpflicht. In Deutschland gilt: Wer einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder den gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) in Deutschland hat, ist mit seinem Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig.
Ein Wohnsitz besteht, wenn jemand über eine Wohnung verfügt, die er auch nutzt oder zur Nutzung bereit hält. Der gewöhnliche Aufenthalt liegt vor, wenn sich jemand mehr als 183 Tage im Kalenderjahr in Deutschland aufhält.
Wird Deutschland dauerhaft verlassen und kein Wohnsitz mehr unterhalten, kann die unbeschränkte Steuerpflicht grundsätzlich enden. Eine offizielle Abmeldung beim Einwohnermeldeamt ist zwar ein Hinweis, aber keine Garantie, dass auch steuerlich kein Bezug mehr besteht. Denn das Finanzamt prüft, ob noch eine objektive Bindung zu Deutschland vorliegt – zum Beispiel durch Immobilien, Geschäftsbeteiligungen oder eine Familie.
Andererseits können auch Personen ohne Wohnsitz in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sein – etwa wenn sie in Deutschland Einkünfte erzielen, etwa aus Vermietung, Kapitalanlagen oder Renten.
2. Was muss ich beim Wegzug steuerlich beachten?
Ein Wegzug aus Deutschland ist steuerlich mehr als nur eine Adressänderung. Wer dauerhaft ins Ausland zieht, sollte seinen steuerlichen Status bewusst klären. Dabei geht es nicht nur um die Einkommensteuer, sondern auch um Themen wie Wegzugsbesteuerung, Steueridentifikationsnummer oder fortbestehende Meldepflichten.
Ein zentrales Thema ist die sogenannte Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG. Diese greift bei Personen, die Anteile an Kapitalgesellschaften halten (z. B. GmbH-Anteile ab 1 % Beteiligung), wenn sie Deutschland verlassen. Hierbei wird unterstellt, dass durch den Wegzug ein fiktiver Veräußerungsgewinn entsteht – der sofort besteuert werden kann, obwohl keine tatsächliche Veräußerung stattgefunden hat.
Für Privatpersonen ohne größere Beteiligungen spielt dies oft keine Rolle, aber bei Unternehmern oder Investoren kann es teuer werden. In manchen Fällen ist eine Stundung der Steuer möglich – etwa wenn man in ein EU- oder EWR-Land zieht. Doch dies muss aktiv beantragt und regelmäßig belegt werden.
Außerdem wichtig: Beim Wegzug sollten alle offenen Steuerfragen geregelt sein. Dazu zählt auch die Abgabe einer letzten Steuererklärung, das Austragen aus deutschen Registern und ggf. die Kündigung steuerlich relevanter Verträge (z. B. Riester-Rente, Betriebsrenten, etc.).
3. Leben im Ausland, aber weiterhin Einkünfte in Deutschland – was dann?
Auch nach dem Wegzug können steuerliche Verpflichtungen in Deutschland bestehen bleiben. Das betrifft z. B. Einnahmen aus:
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Vermietung und Verpachtung von Immobilien in Deutschland
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Kapitalanlagen bei deutschen Banken
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Betriebliche Beteiligungen oder selbstständige Tätigkeiten
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Deutsche Renten oder Versorgungsbezüge
Solche Einkünfte unterliegen in der Regel der beschränkten Steuerpflicht. Das bedeutet, dass in Deutschland nur diese konkreten Einkünfte versteuert werden müssen – aber nicht das weltweite Einkommen.
Manche Auswanderer beantragen eine Option zur unbeschränkten Steuerpflicht, wenn sie weiterhin in engem Bezug zu Deutschland stehen und bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das kann steuerlich sinnvoll sein, z. B. wenn Freibeträge oder Splittingvorteile genutzt werden sollen.
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem jeweiligen Aufenthaltsland regeln, welcher Staat welches Besteuerungsrecht hat. So wird vermieden, dass dieselben Einkünfte doppelt versteuert werden. Die genaue Anwendung hängt jedoch von vielen Details ab – etwa vom Wohnsitz, der Art der Einkünfte und dem jeweiligen nationalen Steuerrecht.
4. Rückkehr nach Deutschland – was ist steuerlich zu beachten?
Wer nach Jahren im Ausland nach Deutschland zurückkehrt, bringt meist mehr als nur Koffer mit – etwa Kapitalanlagen, Auslandsimmobilien oder internationale Verträge. Auch hier stellt sich die Frage: Ab wann bin ich wieder steuerpflichtig – und worauf muss ich achten?
Die unbeschränkte Steuerpflicht lebt automatisch wieder auf, sobald ein Wohnsitz in Deutschland begründet oder der gewöhnliche Aufenthalt erreicht wird. Ab diesem Zeitpunkt ist das weltweite Einkommen wieder in Deutschland zu versteuern – inklusive ausländischer Mieteinnahmen, Zinsen oder Dividenden.
Das bedeutet: Wer eine Rückkehr plant, sollte sich vor der Einreise mit der zukünftigen steuerlichen Situation befassen. Besonders wichtig:
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Welche Einkünfte fallen ab wann in Deutschland an?
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Wie werden Auslandskonten oder Auslandsimmobilien bewertet?
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Gibt es im Rückkehrjahr Besonderheiten bei der Veranlagung?
Ein sensibles Thema ist auch die sogenannte erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§ 2 AStG), die unter bestimmten Bedingungen bis zu zehn Jahre nach dem Wegzug greifen kann – etwa wenn man wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland beibehält und innerhalb dieser Zeit zurückkehrt.
5. Tipps für Auswanderer und Rückkehrer – worauf man achten sollte
Internationale Steuerfragen sind komplex – vor allem, wenn mehrere Länder beteiligt sind und Einkommen aus unterschiedlichen Quellen stammt. Deshalb gilt: Wer auswandert oder zurückkehrt, sollte frühzeitig planen und seine steuerliche Situation ganzheitlich betrachten.
Konkrete Tipps:
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Aufenthaltszeiten dokumentieren (z. B. mit einem Reisetagebuch), um Fragen zur Steuerpflicht nachvollziehbar zu klären.
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Doppelbesteuerungsabkommen prüfen: Welche Einkünfte darf welches Land versteuern?
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Ausländische Bankkonten und Depots auflisten und deren steuerliche Relevanz für Deutschland prüfen.
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Rechtzeitig Steuerbescheinigungen im Ausland anfordern, z. B. zum Nachweis gezahlter Steuern für die Anrechnung in Deutschland.
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Professionelle Beratung durch einen international erfahrenen Steuerberater in Anspruch nehmen – vor allem bei größeren Vermögen oder Unternehmertum.
Auch wenn kein akuter Handlungsbedarf besteht, lohnt sich ein jährlicher Steuer-Check, um Änderungen in Wohnsitz, Einkommen oder Vermögensstruktur rechtzeitig zu erfassen und steuerlich korrekt zu behandeln.
Fazit: Steuerliche Klarheit schafft Sicherheit über Grenzen hinweg
Ein Wohnortwechsel über Ländergrenzen hinweg bedeutet auch einen Wechsel der steuerlichen Verantwortung. Wer ins Ausland zieht oder nach Deutschland zurückkehrt, sollte nicht nur an Visa, Versicherungen oder Umzugslogistik denken – sondern auch an die steuerlichen Folgen. Eine saubere Planung schützt vor unangenehmen Überraschungen und hilft dabei, gesetzliche Spielräume effektiv zu nutzen.
Internationale Steuerfragen sind selten schwarz oder weiß – doch wer vorbereitet ist, gewinnt Flexibilität und Rechtssicherheit. Auswanderer und Rückkehrer, die sich früh informieren und strukturiert vorgehen, schaffen damit nicht nur steuerliche Stabilität, sondern auch eine solide Basis für ihr neues (oder altes) Leben.