Steuerberater Gelsenkirchen

Das Steuersystem in Deutschland: Ein umfassender Leitfaden für Migranten

Verstehe das deutsche Steuersystem besser: Tipps, Hinweise und Orientierung speziell für Migranten in Deutschland.

1. Wie erhält man eine Steuer-ID in Deutschland?

In Deutschland erhält jede Person, die sich offiziell anmeldet, automatisch eine Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID). Diese elfstellige Nummer wird vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vergeben und per Post an die Meldeadresse gesendet. Voraussetzung dafür ist die Anmeldung beim örtlichen Einwohnermeldeamt, was in der Regel beim Zuzug oder nach einem Umzug geschieht.

Die Steuer-ID ist lebenslang gültig – sie ändert sich also nicht bei Umzug, Heirat oder Namensänderung. Sie dient als eindeutige Kennung für alle steuerlichen Vorgänge. Man benötigt sie zum Beispiel bei der Aufnahme einer Arbeit, bei der Abgabe der Steuererklärung, beim Kindergeldantrag oder bei der Nutzung des ELSTER-Portals.

Falls du den Brief mit deiner Steuer-ID verlierst oder nie erhalten hast, kannst du die Nummer erneut anfordern. Dies ist möglich über ein Online-Formular auf der Webseite des BZSt, telefonisch oder per Post. Voraussetzung ist, dass du dich bereits in Deutschland gemeldet hast. Oft findet man die Steuer-ID auch auf alten Lohnabrechnungen, Steuerbescheiden oder im ELSTER-Portal.

Tipp: Da man die Steuer-ID häufig benötigt, ist es sinnvoll, sie digital zu speichern – etwa im Passwortmanager oder sicher in der Cloud.

2. Wie gibt man als Freelancer in Deutschland eine Steuererklärung ab?

Wenn du in Deutschland als Freelancer (Freiberufler) arbeitest, bist du gesetzlich verpflichtet, jährlich eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Anders als Gewerbetreibende musst du kein Gewerbe anmelden, wenn deine Tätigkeit unter die sogenannten freien Berufe fällt – etwa Journalist, Designer, Übersetzer, IT-Berater oder Künstler.

Der wichtigste Bestandteil deiner Steuererklärung ist in der Regel die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR). Dabei werden sämtliche Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben gegenübergestellt. Wichtige Ausgaben sind beispielsweise:

  • Büroausstattung und Arbeitsmittel

  • Software-Abos und Online-Dienste

  • Telefon- und Internetkosten

  • Fahrtkosten und Dienstreisen

  • Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer

Zusätzlich musst du klären, ob du umsatzsteuerpflichtig bist. Liegt dein Jahresumsatz unter 22.000 €, kannst du von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Du weist dann keine Umsatzsteuer auf Rechnungen aus – darfst aber im Gegenzug auch keine Vorsteuer abziehen. Entscheidest du dich für die Regelbesteuerung, musst du regelmäßig Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben.

Zur Erleichterung der Buchhaltung lohnt es sich, Softwarelösungen wie Lexoffice, sevDesk oder FastBill zu nutzen. Diese ermöglichen eine digitale Erfassung deiner Einnahmen und Ausgaben, automatisches Erstellen von Rechnungen und eine Schnittstelle zu ELSTER oder zum Steuerberater.

Tipp: Auch wenn du deine Steuererklärung selbst machst, solltest du zumindest einmal jährlich Rücksprache mit einem Steuerberater halten – besonders bei größeren Investitionen oder grenzüberschreitenden Tätigkeiten.

3. Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Türkei

Zwischen Deutschland und der Türkei besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), das verhindern soll, dass Einkünfte doppelt besteuert werden – also sowohl in Deutschland als auch in der Türkei. Das Abkommen legt fest, welches Land das Besteuerungsrecht hat, abhängig von der Art der Einkünfte und dem steuerlichen Wohnsitz der betroffenen Person.

Beispiel: Eine in Deutschland lebende Person besitzt eine vermietete Immobilie in der Türkei. Die Mieteinnahmen müssen in der Türkei versteuert werden. In Deutschland werden diese Einnahmen dann zwar nicht nochmals versteuert, beeinflussen aber den Steuersatz auf das übrige Einkommen in Deutschland – das nennt man Progressionsvorbehalt.

Das DBA gilt nicht nur für Mieteinnahmen, sondern auch für:

  • Renten aus der Türkei (z. B. SGK-Renten)

  • Selbstständige oder gewerbliche Tätigkeiten

  • Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden)

  • Gehälter bei grenzüberschreitender Arbeit

Um das Abkommen korrekt anzuwenden, müssen Nachweise eingereicht werden, etwa über den steuerlichen Wohnsitz oder Herkunft der Einkünfte. Auch eine Ansässigkeitsbescheinigung kann notwendig sein. Fehlerhafte oder fehlende Angaben können zu Nachzahlungen oder doppelter Besteuerung führen.

In komplexeren Fällen empfiehlt sich unbedingt der Kontakt zu einem Steuerberater mit internationaler Erfahrung. Auch das Bundeszentralamt für Steuern bietet Informationen in verschiedenen Sprachen zu diesem Thema an.

4. Familienleistungen und Steuervergünstigungen in Deutschland

Deutschland bietet viele staatliche Unterstützungen und steuerliche Erleichterungen für Familien mit Kindern. Zu den bekanntesten Leistungen gehören:

Kindergeld

Das Kindergeld wird monatlich gezahlt und ist unabhängig vom Einkommen. Seit 2023 beträgt es z. B. 250 € pro Kind und Monat. Es wird in der Regel bis zum 18. Lebensjahr gezahlt – bei Ausbildung oder Studium auch länger.

Kinderfreibetrag

Der Kinderfreibetrag ist ein steuerlicher Vorteil für Eltern mit höherem Einkommen. Das Finanzamt prüft im Rahmen der Steuererklärung automatisch, ob das Kindergeld oder der Freibetrag für dich günstiger ist (sog. Günstigerprüfung).

Elterngeld und ElterngeldPlus

Nach der Geburt eines Kindes können Eltern Elterngeld beantragen, um Einkommensverluste durch Elternzeit auszugleichen. Das Basiselterngeld wird bis zu 14 Monate gezahlt, das ElterngeldPlus ermöglicht eine Verlängerung bei Teilzeitarbeit. Der Partnerschaftsbonus belohnt gemeinsame Teilzeit.

Weitere steuerliche Vorteile:

  • Betreuungskosten (z. B. für Kita oder Tagesmutter) sind zu zwei Dritteln von der Steuer absetzbar.

  • Haushaltsnahe Dienstleistungen wie Reinigung oder Gartenarbeit können steuerlich geltend gemacht werden.

  • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Alleinerziehende erhalten einen zusätzlichen Freibetrag von über 4.000 €, um ihre finanzielle Situation zu entlasten.

Diese Vergünstigungen machen einen großen Unterschied – viele Familien sparen dadurch jährlich mehrere Tausend Euro. Wichtig ist, die Fristen und Anträge genau zu beachten, denn manche Leistungen sind rückwirkend nur begrenzt beantragbar.

5. Die Vorteile der Zusammenarbeit mit einem Steuerberater

Ein Steuerberater ist nicht nur bei komplexen Steuerfragen ein wertvoller Ansprechpartner, sondern kann auch helfen, Steuerersparnisse zu erkennen, rechtliche Fehler zu vermeiden und langfristig finanzielle Strategien zu entwickeln.

Besonders wichtig ist ein Steuerberater für:

  • Selbstständige und Freelancer

  • Personen mit Vermietung und Verpachtung

  • Personen mit internationalen Einkünften oder Wohnsitz im Ausland

  • Familien mit komplexen Einkommensverhältnissen

Ein erfahrener Berater kennt alle relevanten Regelungen und kann dir helfen, rechtzeitig Rücklagen für Steuern zu bilden, Förderungen zu beantragen oder Investitionen steuerlich sinnvoll zu planen. Viele Kanzleien bieten mittlerweile digitale Beratung an – inklusive Cloud-Buchhaltung, sicheren Dokumentenuploads und Videoterminen.

Die Kosten für den Steuerberater richten sich nach der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV), sind aber als Betriebsausgaben oder Sonderausgaben steuerlich absetzbar. Ein guter Steuerberater kann dir nicht nur viel Arbeit abnehmen, sondern oft auch bares Geld sparen.

Tipp: Nutze die Möglichkeit einer einmaligen Jahresberatung – selbst eine Stunde kann helfen, rechtzeitig Maßnahmen zu treffen und Probleme zu vermeiden. Besonders bei geplanten Auslandsaufenthalten, Immobilienkäufen oder Unternehmensgründungen ist das ratsam.

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