Steuerberater Gelsenkirchen

Steuern für digitale Nomaden: Was gilt in Deutschland?

Die digitale Arbeitswelt ermöglicht es heute vielen Menschen, ortsunabhängig zu arbeiten. Diese sogenannten digitalen Nomaden leben und arbeiten zeitweise oder dauerhaft im Ausland, ohne festen Wohnsitz. Doch so flexibel das Leben als digitaler Nomade auch ist, stellt sich früher oder später eine wichtige Frage: Wie sieht es mit der Steuerpflicht in Deutschland aus? In diesem Beitrag geben wir einen Überblick darüber, was digitale Nomaden mit Deutschlandbezug steuerlich beachten sollten – ohne rechtlich bindende Aussagen, aber mit praxisnahen Hinweisen.

1. Steuerpflicht in Deutschland: Wann beginnt sie eigentlich?

Die Steuerpflicht in Deutschland hängt vor allem vom Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt ab. Wer in Deutschland einen Wohnsitz gemeldet hat oder sich dort regelmäßig aufhält, gilt als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Das bedeutet, dass das gesamte Welteinkommen – also auch Einkünfte aus dem Ausland – in Deutschland versteuert werden muss. Diese unbeschränkte Steuerpflicht tritt nicht automatisch außer Kraft, wenn man sich ins Ausland begibt. Eine formelle Abmeldung aus Deutschland ist ein erster Schritt, reicht jedoch nicht aus, um die Steuerpflicht vollständig zu beenden.

Viele digitale Nomaden behalten ihre Wohnung in Deutschland oder kehren regelmäßig dorthin zurück, was in den Augen der Steuerbehörden zu einer anhaltenden unbeschränkten Steuerpflicht führen kann. Wer Deutschland dauerhaft verlässt, keine Wohnung mehr unterhält und sich nicht länger als sechs Monate am Stück oder über 183 Tage im Jahr im Land aufhält, kann möglicherweise als nicht mehr steuerpflichtig gelten. Die tatsächliche Feststellung der Steuerpflicht hängt jedoch immer vom Einzelfall ab und sollte im Zweifel mit einem Steuerberater besprochen werden.

2. Wohnsitz auf Reisen: Was zählt steuerlich als „gewöhnlicher Aufenthalt“?

Für digitale Nomaden, die kein festes Zuhause mehr haben, stellt sich oft die Frage, wo sie steuerlich eigentlich verortet sind. Im deutschen Steuerrecht gilt als gewöhnlicher Aufenthalt jeder Ort, an dem sich eine Person nicht nur vorübergehend, sondern regelmäßig aufhält – im Allgemeinen über einen Zeitraum von mehr als 183 Tagen pro Jahr. Dabei kommt es nicht auf eine offizielle Anmeldung oder Mietvertrag an, sondern auf die tatsächliche physische Präsenz.

Ein digitaler Nomade, der beispielsweise mehrere Monate im Jahr in Portugal lebt, sich dann für einige Zeit in Spanien aufhält und später nach Asien weiterzieht, kann unter bestimmten Umständen in einem dieser Länder als steuerpflichtig gelten – oder weiterhin in Deutschland, wenn dort noch Bindungen bestehen. Die steuerliche Einschätzung hängt also davon ab, wie sich das Aufenthaltsmuster konkret gestaltet und ob ein anderer Staat als neuer Lebensmittelpunkt anerkannt werden kann.

Da solche Verläufe sehr individuell sind, ist es hilfreich, ein Reisetagebuch zu führen und genau zu dokumentieren, in welchen Zeiträumen man sich wo aufgehalten hat. Diese Aufzeichnungen können im Zweifelsfall gegenüber dem Finanzamt als Nachweis dienen.

3. Selbständigkeit, Remote-Jobs und Steuerpflicht: Welche Einkünfte sind relevant?

Digitale Nomaden sind häufig freiberuflich tätig oder arbeiten als Angestellte für Unternehmen im In- oder Ausland. Auch eigene Online-Geschäfte sind keine Seltenheit. Steuerlich spielt es eine große Rolle, aus welchen Quellen das Einkommen stammt und wo der wirtschaftliche Mittelpunkt der Tätigkeit liegt.

Wer beispielsweise als freiberuflicher Webentwickler von Thailand aus für deutsche Kunden arbeitet und weiterhin in Deutschland gemeldet ist, gilt grundsätzlich als in Deutschland steuerpflichtig – mit dem gesamten Einkommen. Wird hingegen der Wohnsitz im Ausland dauerhaft verlagert und dokumentiert, kann sich die Steuerpflicht auf das neue Aufenthaltsland verschieben. Aber Achtung: Einige Länder besteuern auch ausländisches Einkommen, andere nicht.

Für remote Angestellte, die ihren Wohnsitz behalten, gilt meist das deutsche Steuerrecht weiter, sofern der Arbeitgeber ebenfalls in Deutschland ansässig ist. Das Unternehmen führt wie gewohnt Lohnsteuer ab. Wird jedoch ein Arbeitsverhältnis mit einem ausländischen Unternehmen eingegangen, hängt die Steuerpflicht von verschiedenen Faktoren ab – unter anderem von bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen.

Zusätzlich kann auch die Umsatzsteuer relevant werden. Wer als Freiberufler Dienstleistungen an ausländische Kunden erbringt, muss prüfen, ob eine Umsatzsteuerpflicht besteht oder ob die sogenannte Reverse-Charge-Regelung greift. Die steuerliche Behandlung hängt von der Art der Leistung, dem Standort des Kunden und dem Status des Leistenden ab.

4. Doppelbesteuerung vermeiden: Wie internationale Steuerabkommen helfen können

Viele digitale Nomaden leben und arbeiten grenzüberschreitend. Dabei besteht grundsätzlich das Risiko, dass sie in mehr als einem Land steuerpflichtig werden. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, bestehen zwischen Deutschland und zahlreichen Staaten sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen. Diese regeln, welches Land in welchen Fällen das Recht zur Besteuerung hat und ob bereits gezahlte Steuern angerechnet werden können.

Ob ein solches Abkommen zur Anwendung kommt, hängt davon ab, wo der Lebensmittelpunkt liegt, wie lange man sich in einem Land aufhält und aus welchem Staat das Einkommen stammt. In der Praxis sind diese Regelungen jedoch oft komplex und bedürfen einer detaillierten Prüfung.

Ein Beispiel: Wer als Deutscher mehr als sechs Monate pro Jahr in einem anderen Land lebt und dort den steuerlichen Wohnsitz anmeldet, kann dort als ansässig gelten und damit der dortigen Besteuerung unterliegen. Gleichzeitig muss geprüft werden, ob Deutschland auf Teile des Einkommens dennoch ein Besteuerungsrecht beansprucht. In solchen Fällen ist eine doppelte Steuerbelastung zwar theoretisch möglich, wird aber meist durch das Abkommen vermieden – z. B. durch eine Anrechnungsmethode.

Gerade bei häufigen Ortswechseln, mehreren Einkommensquellen und komplexen Tätigkeitsformen ist es ratsam, frühzeitig steuerliche Beratung mit internationalem Know-how in Anspruch zu nehmen.

5. Praktische Tipps für digitale Nomaden mit Deutschlandbezug

Um steuerlich auf der sicheren Seite zu bleiben, lohnt sich ein strukturierter und informierter Umgang mit dem Thema Steuern. Auch wenn das digitale Nomadenleben Flexibilität verspricht, sind klare Nachweise, Planung und Dokumentation unerlässlich.

Ein regelmäßiger steuerlicher Check kann helfen, Risiken zu erkennen, zum Beispiel wenn sich die Reisedauer oder die Art der Einkünfte ändert. Die Aufzeichnung von Aufenthaltsorten ist essenziell, um im Zweifelsfall belegen zu können, in welchem Land der Lebensmittelpunkt liegt. Tools wie Notion, Google Calendar oder einfache Tabellen können dabei helfen.

Auch die Frage der Abmeldung in Deutschland sollte nicht leichtfertig entschieden werden. Zwar kann eine formelle Abmeldung den Beginn der Steuerpflicht in einem anderen Land unterstützen, sie bringt aber auch Konsequenzen mit sich – etwa bei der Krankenversicherung, Rentenversicherung oder beim Zugang zu deutschen Bankdienstleistungen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die korrekte Rechnungsstellung, insbesondere bei Leistungen für internationale Kunden. Hier sollte geprüft werden, ob Umsatzsteuer ausgewiesen werden muss oder nicht. Fehlerhafte Rechnungen können später zu Problemen bei Betriebsprüfungen führen.

Schließlich ist es empfehlenswert, sich mit erfahrenen Steuerberatern oder Kanzleien auszutauschen, die sich auf internationales Steuerrecht und digitale Geschäftsmodelle spezialisiert haben. Die Investition in eine gute Erstberatung kann später viel Ärger ersparen.

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